Alle Medien berichten heute über den Tod Muammar al-Gaddafis, der vom libyschen nationalen Übergangsrat gemeldet wurde. In arabischen Medien sollen eindeutige Bilder gezeigt worden sein.
Die Umstände seines Todes sind unklar. Zwei alternative Berichte gibt es: Nach einem Bericht soll Gaddafi bei einem Feuergefecht verletzt worden und auf dem Weg in ein Krankenhaus verstorben sein. Andere Quellen berichten davon, dass er sich in einem Abwasserkanal vor den Truppen der neuen libyschen Regierung versteckt und bei seiner Entdeckung um Gnade gebeten haben soll (“Don´t shoot!” berichten die Medien).
Die Rechtmäßigkeit der Tötung soll hier kurz dargestellt werden.
Gaddafi war als de-facto-Staatschef und de-facto-Oberbefehlshaber rechtmäßiger Teilnehmer am internationalen bewaffneten Konflikt zwischen Libyen und den alliierten Staaten sowie am nicht-internationalen bewaffneten Konflikt zwischen seiner Regierung und den damaligen Rebellen / heute libysche Regierung. Auch das Verschmelzen dieser beiden Konflikte zu einem einzigen internationalen bewaffneten Konflikt ändert an der Bewertung nichts: Gaddafi war Kombattant. Eine (nicht die wichtigste!) Folge dieser Eigenschaft war, dass er rechtmäßig an den Kampfhandlungen teilnehmen dürfte (= töten dürfte) – und auch rechtmäßig getötet werden dürfte.
Aber: Dies gilt nur, solange er nicht hors de combat ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich ein Kombattant in der Gewalt des Gegners befindet, klar und eindeutig seine Absicht, sich zu ergeben, kommuniziert oder aufgrund von Verletzungen und Krankheit außer Stande ist, sich zu verteidigen.
Wurde Gaddafi nun bei einem Feuergefecht verletzt und ist er diesen Verletzungen erlegen, so stellt sich seine Tötung einer ersten Einschätzung nach als rechtmäßig dar.
Stimmen aber die Berichte (was wahrscheinlicher sein soll, vgl. Spiegel Online), wonach er um Gnade gebeten haben soll, dann hat er sich ergeben und dürfte nicht getötet werden. Die Soldaten hätten ihn vielmehr, als Kombattanten, als Kriegsgefangenen in ihre Gewalt nehmen müssen (dieser Status ist die wichtige Rechtsfolge des Kombattantenstatus). Seine Tötung wäre in diesem Falle rechtswidrig – ein Kriegsverbrechen (Art. 8 Abs. 2 lit. b) num. vi) IStGH-Statut).
Boris sagt:
So oder so haben die Libyer sich damit keinen Gefallen getan. Gaddafi vor Gericht zu stellen wäre ein Meilenstein in der Entwicklung des Landes gewesen.
Oktober 21, 2011, 2:47