Wenige Tage vor der geplanten Unabhängig des Südsudans versucht die internationale Gemeinschaft, einen friedliche Loslösung zu ermöglichen. Streitgegenstand zwischen dem Staat in statu nascendi Südsudan und dem (Rest-) Sudan ist nach wie vor die erdölreiche Region Abyei.

Die beiden Konfliktparteien haben am 20. Juni 2011 in Addis Abeba das „Abkommen zwischen der Regierung Sudans und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung über vorläufige Regelungen für die Verwaltung und Sicherheit des Gebietes Abyei“ geschlossen, das als vorläufiges Abkommen gerade keine Antworten auf die Fragen nach dem endgültigen Verbleib der Region und der Ausbeutung des Erdöls gibt. Zur Lösungen verweisen die Parteien auf die bereits verschobene – und immer weniger realistische werdende – Volksabstimmung in Abyei und den Schiedsspruch des Permanent Court of Arbitration aus dem Jahr 2009. Geregelt werden hingegen die Entmilitarisierung Abyeis, die gemeinsame Verwaltung des Gebiets einschließlich einer gemeinsamen Polizeitruppe, das Rückkehrrecht der Binnenflüchtlinge und die Stationierung einer internationalen Sicherheitstruppe, die von den Vereinten Nationen entsandt werden soll.

Der Sicherheitsrat hat daraufhin am 27. Juni 2011 reagiert und einstimmig die Resolution 1990 (2011) verabschiedet. Kerninhalt dieser Resolution ist die Entsendung der UN Interim Securiy Force for Abyei (UNISFA) für zunächst sechs Monate. Diese setzt sich aus bis zu 4.200 Soldaten und 50 Polizisten zusammen, die von Äthiopien gestellt werden, und soll „eine angemessene zivile Unterstützung“ erfahren. Deren Mandat umfasst die Überwachung der Entmilitarisierung Abyeis, die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden (insb. dem zu schaffenden Polizeidienst von Abyei), humanitäre Hilfsaufgaben und den Schutz der Erdölinfrastrukur, der gemeinsam mit der Polizei erfolgen soll. Robust wird das Mandat durch einen Teil, der nach Kapitel VII VNCh beschlossen wurde. Davon umfasst sind die Herstellung/Wahrung allgemeiner Sicherheit in Abyei, der Schutz der UNISFA- und anderen VN-Mitarbeiter und v. a. der Schutz solcher „Zivilpersonen, die unmittelbar von körperlicher Gewalt bedroht sind“. Die UNISFA wird autorisiert, Abyei vor dem Eindringen nicht autorisierter Elemente zu schützen, wie dies in dem Abkommen festgelegt wurde: also vor allem eine Rückkehr süd- oder „rest-“ sudanesischer Soldaten zu verhindern und damit weitere Gewalt auszuschließen.

Nach dem derzeitigen Planungsstand soll die UNISFA am 8. Juli voll einsatzbereit sein – einen Tag vor der geplanten Unabhängigkeit.

Ob die UNISFA einen friedlichen Start in die Unabhängigkeit gewährleisten kann, wird sich zeigen. Optimistisch stimmt dabei, dass sich die Konfliktparteien aus der Region zurückziehen müssen und dies nunmehr vom Sicherheitsrat auch ausdrücklich anerkannt wurde. Leider hat die UNISFA nicht auch ausdrücklich das Mandat, die Rückkehr der Binnenflüchtlinge sicherzustellen. Allein über die „Generalklausel“ zum Schutz der bedrohten Zivilbevölkerung kann bewirkt werden, dass den Flüchtlingen eine sichere Rückkehr ermöglicht wird.

Deutscher Text der Resolution 1990 (2011)

Abkommen vom 20.6.2011

Entscheidung des Permanent Court of Arbitration

Erneuter Streit im Sudan: Öl, Abyei und Kordofan – Teil 1

Erneuter Streit im Sudan: Öl, Abyei und Kordofan – Teil 2

Update 13.7.: Dieser Text ist in aktualisierter Version vom IFHV der Uni Bochum als Bofax Nr. 389D herausgegeben worden. (Link)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich am Montag mit der Lage in Abyei befasst und eine Resolution nach Kapitel VII der Charta erlassen. In den nächsten Tagen werde ich mich damit befassen und die Ergebnisse hier veröffentlichen.

Diejenigen, die sich die Resolution ansehen wollen, finden sie auf den Seiten des Sicherheitsrates (eine direkte Verlinkung ist leider nicht möglich).

s. auch “Erneuter Streit im Sudan: Öl, Abyei und Kordofan – Teil 1″

Kurz vor der geplanten Unabhängigkeitserklärung des Südsudans ist der Streit um das Öl und dessen Export aus dem Südsudan nicht beigelegt. Die FAZ berichtet heute auf S. 1 f. davon, dass sich der zukünftige neue Staat und der Nordsudan (ab dem 9. Juli also der „Restsudan”) noch immer nicht über den Preis für die Nutzung der nordsudanesischen Pipelines einigen konnten. Der Südsudan ist darauf dringend angewiesen, um das Öl zu exportieren.

Damit ist auch eine Lösung des Konflikts um Abyei, der Region, in der das Öl zu finden ist, weit entfernt. Nordsudanesische Truppen halten das Gebiet nach wie vor besetzt.

Aus der Region Südkordofan werden Vorwürfe laut, wonach die Armee der Zentralregierung „ethnische Säuberungen“ durchführen soll. Der Erzbischof der Provinz Südkordofan, Gassis, beschuldigt die Regierung,  einen „Krieg gegen das Volk der Nuba“ zu führen. Die FAZ berichtet:

„Vor rund zehn Tagen hatte die nordsudanesische Armee dort eine Offensive gegen bewaffnete Gruppen begonnen, die im Bürgerkrieg für den Süden gekämpft haben und sich jetzt weigern, ihre Waffen abzugeben.” Hört sich so an, wie zu Beginn des Konflikts in Darfur, nur mit vertauschten Rollen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Konflikte bald beigelegt werden können.