Mitte Juni hat die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ihren nunmehr 19. Bericht über die Fortschritte in der Darfur-Situation dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorgelegt. Viel Berichtenswertes seit dem 18. Bericht im Dezember 2013 (dazu hier) gab es allerdings nicht.

Prozess gegen Banda soll im November beginnen

Dabei bestand im Dezember 2013 durchaus Anlass zur Hoffnung: Der erste Prozess gegen den Beschuldigen Abdallah Banda sollte am 5. Mai 2014 eröffnet werden. Doch aufgrund logistischer Schwierigkeiten, die unter anderem Übersetzungsproblemen geschuldet sein sollen, wurde der Prozessbeginn zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Verteidigung meinte, in einem Jahr starten zu können, während die Anklägerin auf einen Beginn im Oktober 2014 drängte. Gestern, am 14. Juli, hat die VorvVerfahrenskammer IV den Prozessbeginn auf den 18. November 2014 festgelegt. Wie die Kammer ihre Entscheidung begründet, kann leider der offenen Version der Entscheidung nicht entnommen werden. Ob es bei dem Termin bleiben wird, bleibt abzuwarten.

Weitere Staatsbesuche von Omar al-Bashir

Frustriert bleibt die Anklägerin von den zahlreichen Staatsbesuchen des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir der auch im letzten Berichtszeitraum Reisen sowohl in Vertragsstaaten des IStGH-Statuts als auch in Nichtvertragsstaaten unternommen hat (dazu auch hier und hier).

Die Vertragsstaaten des Status sind dabei über das IStGH-Statut und die Sicherheitsratsresolution 1593 (2005) zur Kooperation verpflichtet. Im Fokus des Berichts steht vor allem der Besuch al-Bashirs in der Demokratischen Republik Kongo zu Beginn des Jahres.

Die Nichtvertragsparteien sind hingegen nicht zur Kooperation verpflichtet, auch wenn der Sicherheitsrat in der besagten Überweisungsresolution 1593 (2005) die Staaten zu eben dieser Kooperation angehalten hat. Im Jahr 2014 war al-Bashir unter anderem in Äthiopien und Kuwait, beides sind keine Vertragsstaaten des Statuts.

…und weiter mangelnde Unterstützung der internationalen Gemeinschaft

Leider wird al-Bashir auch in Zukunft weiter unbehelligt durch Afrika und den Rest der Welt reisen können.

Dafür ist vor allem der Sicherheitsrat selbst verantwortlich. Wie sowohl die Kammern des Gerichtshofs als auch die Anklägerin bereits mehrfach betont haben, hängen effektive Strafverfolgung und ultimativ die Glaubwürdigkeit von Strafgerichtshof und Sicherheitsrat von einer wirksamen Nachsorge des Sicherheitsrats ab. Ohne eigene Vollstreckungsorgane ist der Gerichtshof tatsächlich vor allem davon abhängig, dass der Sicherheitsrat Ernst macht und den Staaten und Organen des IStGH eine völkerrechtliche Rechtsgrundlage an die Hand gibt oder die Verfahren anderweitig unterstützt. Dazu können verschärfte Sanktionen gegen den Sudan selbst oder auch gegen solche Vertragsstaaten des IStGH gehören, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang auch die Hilflosigkeit der Vertragsstaatenversammlung, die Vertragsbrüche immer wieder toleriert.

Wie bereist erwähnt sind Änderungen nicht zu erwarten. Den Versprechen der Sicherheitsratsmitglieder, den IStGH zu unterstützen, kann man keinen Glauben schenken. Dabei muss man nicht so weit gehen, auf die fehlende Nachsorge zu verweisen. Denn inzwischen haben die Kammern des IStGH allein in der Darfur-Situation acht Mitteilungen über mangelnde Kooperationsgemeinschaft an den Sicherheitsrat gemacht. Deren Eingang ist bislang nicht einmal bestätigt worden, geschweige denn hat eine inhaltliche Auseinandersetzung damit stattgefunden.

Darüber hinaus ist die Anregung der Anklägerin, diplomatische Beziehungen mit dem Sudan (auch von Seiten der UN) auf der Ebene von “non-essential contacts” zu suspendieren, nicht aufgenommen worden. Im Ergebnis, so die Anklägerin zu Recht, verpuffen die bislang 55 Sicherheitsratsresolutionen in Bezug auf Darfur. Deutlich wird dies auch daran, dass kein Vertreter des Sudan an der Sitzung des Sicherheitsrates teilgenommen hat. Damit straft der Sudan den IStGH mit Nichtachtung.

Auch bleiben die Afrikanische Union (AU) und ihre Mitgliedstaaten auf Konfrontationskurs zum IStGH. Die AU bekräftigt regelmäßig ihre Entschlossenheit, nicht mit dem IStGH zu kooperieren. Nur wenige Tage nach dem Bericht der Anklägerin haben die Mitgliedstaaten beschlossen, amtliche Immunität auch vor dem neuen Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gelten zu lassen.

Auf Hilfe dürfen daher weder die Menschen in Darfur noch die Organe des Gerichtshofs hoffen.

Verschlechterung der humanitären Situation in Darfur

Hilfe ist dabei dringend erforderlich, um die Lage zu verbessern. Seit Jahresbeginn 2014 sind mehrere hunderttausend Menschen vertrieben worden. Der Bericht spricht von mehr als 250.000 Menschen, wobei anderen Quellen zufolge ungefähr 320.000 Menschen ihre Heimat verlassen mussten.

Seit Jahresbeginn kommt es vermehrt zu Kämpfen. Die Anklägerin schildert diese in eindrucksvoller Weise und hebt die Operationen der Rapid Support Forces (RSF) besonders hervor. Die RSF sind eine paramilitärische Gruppe, die im Auftrag der sudanesischen Zentralregierung in Darfur kämpft. Dabei fällt der Name eines Kommandieren, Mohamed Hamdan, der auch als “Hemeti” bekannt ist, immer wieder. Zwischen den Zeilen liest man, dass Hemeti ggf. als nächster mit einem Haftbefehl zu rechnen hat. Dass dies ein sinnvoller Schritt ist, muss im Angesichts der Wirkungslosigkeit der Strafverfolgung bezweifelt werden. Hemeti hätte, soviel steht fest, wenig Grund, Den Haag zu fürchten.

Im Ergebnis bringt auch der 19. Bericht nichts Neues und vor allem keine Lösung für die Schwierigkeiten, vor denen der IStGH steht. Ob der Prozess gegen Banda tatsächlich im November starten wird, bleibt abzuwarten. Dass die Anklägerin bei ihrem 20. Bericht im Dezember wieder die Untätigkeit des Sicherheitsrates beklagen wird, ist dagegen keine gewagte Voraussage.

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