The Prosecutor of the International Criminal Court has briefed the Security Council on the Situation in Libya for the forth time (cf. first report here).

In the case against Saif-al-Islam al-Gaddafi, currently in detention in Zintan, the Prosecutor recalls that the Libyan government is eager to try Gaddafi at home and not in The Hague. The government is challenging the jurisdiction of the Court before Pre-Trial-Chamber I. It is now up to the judges to decide where Gaddafi will be tried. The Prosecutor is reluctant to demand a trial in The Hague. She reiterated that national criminal jurisdictions have priority over the ICC. This may be correct, however, Libya is most likely not able to conduct a trial that meets basic requirements of a rule-of-law-trial (see here and here). In addition, the Prosecutor does not mention that Libyan and international authorities first need to get a hold of Gaddafi. Right now, he is in detention by some fringe rebel group (more here and here). Den Rest des Artikels lesen >

Libya’s post-revolutionary authorities want to be a new and just government with respect for international law – they are failing miserably. During Libya’s civil war in 2011, both sides to the conflict violated international humanitarian and human rights law. Today, one year after the end of major combat in Libya, perpetrators of crimes under international law are only held responsible if it suits the new government. The application of international law by the new authorities is arbitrary. Or, in other words, the new government abuses its powers to protect loyal henchmen from punishment. This is obvious from three examples. The facts in the following have been taken from reports by the United Nations (here, see also this analysis) and Human Rights Watch (here). Den Rest des Artikels lesen >

Der Internationale Strafgerichtshof ist in Sorge um einige seiner Mitarbeiter. Wie berichtet wurde haben libysche Rebellen vier Personen festgenommen, die für das Verteidigerteam für Saif-al-Islam al-Gaddafi arbeiten sollen (Stellungnahme des IStGH hier, Berichte auf Spiegel Online hier und hier).  Dabei ist nicht ganz klar, ob es sich um Mitarbeiter des IStGH bzw. der VN oder um unabhängige Rechtsanwälte handelt. Klar ist aber, dass diese in der letzten Woche bei einem Besuch in Zintan, wo al-Gaddafi festgehalten wird, festgenommen worden sind. Die libysche Generalstaatsanwaltschaft bestätigte, dass gegen die vier wegen des Verdachts der Spionage ermittelt werde. Den Rest des Artikels lesen >

In der Datenbank und online ist eine neue Analyse vorhanden, diesmal in englischer Sprache und ausnahmsweise sehr lang. Inhaltlich geht es um Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in dem Libyen-Konflikt 2011. Diese wurden von einer Kommission untersucht, die die Vereinten Nationen eingesetzt haben. Die Analyse kommentiert den Bericht.

You may find the newest analysis in the database as well as online. The conflict in Libya 2011 has been closely monitored by an International Commission of Inquiry. As mandated by the United Nations Human Rights Council, the International Commission of Inquiry on Libya presented its report on violations of human rights law in Libya’s civil war. Allthough the report is very thourough, some remarks must be made. This analysis assesses the achievements and flaws of the report.

In Heft 4/2011 der Zeitschrift Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften ist ein Aufsatz von Manuel Brunner und mir zu dem Konflikt in Libyen erschienen. Er ist auf den Seiten der Zeitschrift online verfügbar.

In den letzten Tagen gab es zwei Nachrichten, die ich nicht vorenthalten möchte:

Al Jazeera hat vor einigen Tagen von neuen Vorwürfen gegen Ahmed Harun berichtet. Ihm wird vorgeworfen, als Governeur von Süd-Kordofan Kriegsverbrechen befohlen zu haben. Süd-Kordofan grenzt an den Südsudan und ist seit einigen Monaten Schauplatz des Konfliktes zwischen Sudan und Südsudan. Harun habe, so der Vorwurf, sudanesische Soldaten dazu aufgerufen, keine Gefangenen zu machen. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wovon der Chefankläger des IStGH ausgeht, dann kann der Aufruf ein Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2 lit. b) num. xii) IStGH-Statut darstellen. Wenn die Vorwürfe stimmen, zeigt der Vorfall leider deutlich auf, welche Wirkung einem internationalen Haftbefehl zukommt, der jahrelang nicht vollstreckt wird.

CNN berichtet heute, dass der IStGH die libysche Regierung erneut aufgefordert hat, Saif-al-Islam al-Gaddafi nach Den Haag zu überstellen. Dazu ist hier bereits einiges geschrieben worden (zuletzt hier).

Klarstellung:

Qualifiziert man den Darfur-Konflikt als internationalen bewaffneten Konflikt, dann können die Ankündigungen von Harun Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2 lit. b) num. xii) IStGH-Statut darstellen. Stuft man den Konflikt aber als nicht-internationalen Konflikt ein, wovon auch der IStGH ausgeht, dann ist Art. 8 Abs. 2 lit. e) num. x) IStGH einschlägig.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit Resolution 2040 vom 12. März 2012 erneut die Resolutionslage der aktuellen Entwicklung in Libyen angepasst.

Dabei betont der Sicherheitsrat zwar, wie positiv die Entwicklung oft verläuft. Insbesondere erwartet er von den Wahlen im Juni 2012 einen weiteren Fortschritt.

Er zeigt sich aber besorgt über die Gewalt gegen Kinder und Frauen. So müssten deren Menschenrechte gewährleistet werden. Er verweist dabei auf die menschenrechtlichen und humanitär-völkerrechtlichen Verpflichtungen Libyens. Die dafür Verantwortlichen müssten gefunden und zur Verantwortung gezogen werden.

Warum der Sicherheitsrat auf die humanitär-völkerrechtlichen Verpflichtungen verweist, ist nicht nachvollziehbar. Das humanitäre Völkerrecht ist nur in einem bewaffneten Konflikt anwendbar. In Libyen existiert aber seit dem Herbst letzten Jahres weder ein internationaler noch ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt. Der Verweis des Sicherheitsrates geht hier also fehl (ich gehe nicht davon aus, dass der Sicherheitsrat damit humanitär-völkerrechtliche Verpflichtungen für Friedenszeiten schaffen wollte).

In einem Schritt unter Kapitel VII der VN-Charta verlängert er das Mandat der United Nations Support Mission in Libya (UNSMIL) um ein Jahr, wobei nach sechs Monaten eine Zwischenevaluierung vorgenommen werden soll. Diese UNSMIL soll insb. bei dem Übergang zu einem demokratischen Regierungssystem und bei der Entwaffnung weiter Bevölkerungsteile Hilfe leisten.

Der Sicherheitsrat ändert darüber hinaus das bestehende Waffenembargo und die Vermögenseinfrierungen, ohne diese komplett aufzuheben. Dazu verlängert er auch das Mandat der Expertengruppe, die den 1970-Sanktionsausschuss in seiner Arbeit unterstützt.

Nach jeweils 60 Tagen soll der Generalsekretär dem Sicherheitsrat berichten. Man darf also gespannt bleiben, wie es weitergeht.

Am Freitag wurde Abdullah al-Senussi, der ehemalige Geheimdienstchef Libyens, in Mauretanien verhaftet (Bericht auf Spiegel Online). Senussi wird seit dem letzten Sommer mit einem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gesucht. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt (näheres hier, hier und hier).

Libyen hat die Auslieferung Senussis beantragt. Mauretanien ist nicht Vertragspartei des Römischen Statutes. Es gibt daher keine Verpflichtung, mit dem Strafgerichtshof zu kooperieren oder den Verdächtigen gleich nach Den Haag zu überstellen. Auch die Resolutionen des VN-Sicherheitsrates verpflichten Mauretanien nicht zur Kooperation.

Rechtlich zulässig sind die folgenden Möglichkeiten:

1. Mauretanien liefert Senussi an Libyen aus. Dazu ist es bei einem Antrag Libyens berechtigt. In der Folge kann Libyen

a) seine Strafgewalt selbst ausüben oder

b) Senussi an den IStGH überstellen.

Nach dem Grundsatz der Komplementarität hat die Strafverfolgung durch Libyen sogar Priorität. Erst wenn libysche Behörden nicht willens oder nicht in der Lage sind, ein rechtsstaatliches Verfahren durchzuführen, darf der IStGH ein Verfahren durchführen.

Daneben gibt es eine weitere Möglichkeit:

2. Mauretanien stellt Senussi selbst vor Gericht. Ein solches Verfahren könnte die Vorwürfe der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit umfassen. Es müsste allerdings auf dem Weltrechtsprinzip basieren. Demnach darf jeder Staat über einen Völkerrechtsverbrecher zu Gericht sitzen und dessen Taten strafrechtlich ahnden, selbst wenn es keinen Bezug zum Inland gibt. Die herrschende Meinung erkennt wohl an, dass das Weltrechtsprinzip für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt (so auch der deutsche Gesetzgeber, der dies in § 1 des Völkerstrafgesetzbuches vorsieht).

Wahrscheinlich ist, dass Mauretanien Senussi an Libyen überstellt und dort ein Prozess stattfinden wird. Allerdings ist zweifelhaft, ob dieses Verfahren rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt. Es sei nur darauf hingewiesen, dass Saif-al-Islam al-Gaddafi, den der IStGH gerne in Den Haag sehen würde (und der selber gerne nach Den Haag überstellt werden würde), noch immer von libyschen Rebellen festgehalten wird. Ob ein Prozess gegen ihn stattfinden wird, ist unklar.

Um die genauen Umstände des Todes von Muammar al-Gaddafi herrschen nach wie vor Unklarheiten. Der Chefankläger des IStGH hat nunmehr auf einer Pressekonferenz angekündigt, in diesem Vorfall zu ermitteln. An dieser Stelle ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden, dass eine solche Ermittlung wünschenswert und notwendig ist (zuletzt hier, davor hier und hier). Die Ankündigung des Anklägers ist damit zu begrüßen.

Am Sonntag wurde Saif-al-Islam al-Gaddafi, einer der drei Verdächtigen in der Libyen-Situation, von den Behörden der Übergangsregierung festgenommen. Fest steht, dass er sich vor einem Gericht verantworten muss. Offen ist, ob dieses Gericht ein libysches Gericht sein wird oder ob der IStGH den Fall verhandeln wird. Dazu hat der IStGH die Kompetenz – nicht aber den Vorrang. Dieser bleibt bei Libyen. Nur wenn die libschen Gerichte nicht willens oder nicht in der Lage sind, den Fall nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu verhandeln, ist der IStGH subsidiär zuständig. Dies ist Folge des Grundsatzes der Komplementarität (Art. 17 IStGH-Statut), der Grundlage des IStGH-Systems ist.

Fraglich ist, ob die libyschen Behörden in der Lage sind, ein solches Verfahren durchzuführen. Die Antwort müssen die Organe des IStGH finden, vor allem der Ankläger, der die Vorverfahrenskammer I davon überzeugen muss, dass der Fall vor dem IStGH zulässig ist. (Ganz davon abgesehen, ob der Ankläger den Fall nicht lieber an die libyschen Behörden abgeben möchte.)

Zweifel an der Rechtsstaatstreue zumindest einiger Angehöriger der Übergangsregierung sind angebracht. Nach den noch immer ungeklärten Umständen des Todes von Muammar al-Gaddafi (hier und hier) ist das Verfahren gegen ihn vor dem IStGH zu einem Ende gekommen. Die Vorverfahrenskammer I hat das Verfahren am 22.11.2011 eingestellt (hier). Offensichtlich hat die Sterbeurkunde, die der libysche Übergangsrat nach Den Haag geschickt hat, den Ankläger und die Kammer davon überzeugt, dass Gaddafi wirklich tot ist und sich nicht an einem unbekannten Ort versteckt hält.

Man kann der Entscheidung zustimmen. Gaddafi ist tot und damit ist jede strafrechtliche Überprüfung seiner Taten hinfällig. Das ist keine Besonderheit des Völkerstrafrechts, sondern gute rechtsstaatliche Tradition: Auch im deutschen Recht wird ein Verfahren gegen Tote nicht geführt.

Zu erwähnen bleibt nur, dass der IStGH trotz der Einstellung des Verfahrens gegen Gaddafi selbstverständlich für die Umstände seines Todes zuständig bleibt. Dieser Vorfall kann in Den Haag verhandelt werden. Dass dafür Bedarf besteht, ist hier und hier deutlich gemacht worden.